donderdag, december 23, 2010

23.12.2010

Die Missbrauchsskandale haben das Jahr für die Kirche geprägt, nun ziehen die Ombudsstellen und die Klasnic-Kommission Bilanz: Mehr als 1000 Personen haben sich an die Stellen gewandt.

Das Jahr 2010 stand für die katholische Kirche unter keinem guten Stern: Ab Jänner sind nach und nach immer mehr Missbrauchsfälle bekannt geworden, die Kirche stellt sich auf einen neuen Rekord bei den Austrittszahlen ein. Vor Weihnachten haben die kirchlichen Ombudsstellen und die Klasnic-Kommission Bilanz gezogen: Mehr als 100 Fälle von Missbrauch wurden zur Anzeige gebracht, in knapp 100 Fällen Entschädigungen zuerkannt. Mehr als 1000 Personen haben sich an die Stellen gewandt. Wie viele es genau sind, lässt sich schwer sagen, da es zu Überschneidungen kommt.

Bis 31. Oktober haben sich 1142 Personen an die Ombudsstellen gewandt, bei der Klasnic-Kommission waren es 729. Bei den Opfern handelt es sich zu fast drei Viertel um Männer. Die Auswertung habe ergeben, "dass es bei 54 Prozent um sexuellen Missbrauch geht, 33 Prozent sind Fälle von Gewalt und 13 Prozent sind mutmaßliche Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch", erklärte Johannes Wancata, Sprecher der Ombudsstellen. Etwa bei der Hälfte der Anrufe habe sich der Verdacht erhärtet. 106 Fälle seien zur Anzeige gebracht worden, um keinesfalls eine strafrechtliche Relevanz zu übersehen. Die Hälfte aller Fälle habe sich vor mehr als 40 Jahren ereignet, 46 Prozent betreffen demnach den Zeitraum von 1971 bis 1992.

97 Mal Entschädigung, drei Mal abgelehnt
Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferschutzanwaltschaft hat bisher 100 Entscheidungen getroffen: 97 Entschädigungen wurden zugesprochen, drei Fälle wurden abgelehnt, zog die Kommission unter der Leitung von Waltraud Klasnic eine Zwischenbilanz. Die Kommission gewährt Summen in den Kategorien 5000 Euro, 15.000 Euro, 25.000 Euro und Beträge darüber - die 97 Entschädigungen betreffen alle vier Kategorien. Zusätzlich seien vielfach auch längerfristige Therapieleistungen zugesprochen worden.

Nach Angaben der Kommission waren die Betroffenen zu 81 Prozent Opfer von sexuellem Missbrauch, zu 62 Prozent von körperlicher Gewalt und zu 57 Prozent von psychischer Gewalt. Fast drei Viertel der Opfer waren demnach von mindestens zwei Arten des Missbrauchs betroffen, ein knappes Drittel erlebte alle drei genannten Gewaltarten. Die meisten Fälle liegen 30 bis 40 Jahre zurück, erklärte ein Sprecher.

Bei der Staatsanwaltschaft hat die Kommission bisher vier Sachverhaltsdarstellungen eingebracht. Dem Vernehmen nach betreffen diese die Schulbrüder in Wien-Strebersdorf und Bad Goisern, das ehemalige Caritas-Heim in Steyr-Gleink, das Stift Kremsmünster und die Bubenburg in Fügen in Tirol.

Klasnic "hoffnungslos überfordert"
Die "Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt" hat in einer ersten Reaktion auf die Bilanz heftige Kritik an Klasnic geübt: "Bei diesem Tempo wird die Kommission noch viele Jahre brauchen. Das ist den Betroffenen nicht zumutbar." Klasnic sei "hoffnungslos überfordert mit der Aufarbeitung der Fälle". Sie solle "aus Anstand gegenüber den Betroffenen von sich aus die Konsequenz ziehen und ihre Arbeit niederlegen", hieß es in einer Aussendung.
Damit würde Klasnic auch den Weg für eine staatliche Kommission frei machen, glaubt die Plattform. "Das wäre der beste Dienst, den sie den kirchlichen Gewaltopfern erweisen könnte."

(APA/Red.)

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