Tiroler Heimkinder arbeiteten für Bundesheer

17. September 2012

Zudem sollen auch Landesorganisationen Heimkinder beschäftigt haben - Bericht des Landeskontrollamtes aus dem Jahr 1977 dokumentiert Vorgänge

Innsbruck - In der Causa um Zwangsarbeit von Heimkindern der Tiroler Landeserziehungsanstalt St. Martin in Schwaz sind weitere Details bekanntgeworden. Auch das Land Tirol und das Bundesheer soll die Mädchen für sich arbeiten haben lassen, berichtete die "Tiroler Tageszeitung" (TT) in ihrer Sonntagsausgabe. Das gehe aus einem Landeskontrollamtsbericht aus dem Jahr 1977 hervor, der unter anderem die Vorgänge in der heimeigenen Lohnwäscherei dokumentiere.

Im Ö1-Morgenjournal bestätigte der Tiroler Militärkommandant Generalmajor Herbert Bauer den Bericht: Das Bundesheer habe das Heim nach einem Ausschreibungsverfahren als Wäscherei betrachtet, die Jugendlichen seien aber in keinem Arbeitsverhältnis mit dem Bundesheer gestanden. Zudem betont Bauer, dass die Betroffenen alle mindestens 15 Jahre alt gewesen seien. Das Bundesheer wolle die Vorgänge nun restlos aufklären, so der Militärkommandant.
Kritik von Kontrollamt bereits 1977

Laut TT war dem Land zumindest seit 1977 bekannt, dass ein Teil der Mädchen zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde.
Die Lohnwäscherei sei 1963 eingerichtet worden, "um eine regelmäßige Beschäftigung und volle arbeitsmäßige Auslastung  der Zöglinge zu erzielen", heißt es es in dem der Zeitung vorliegenden Prüfbericht.

Als Auftraggeber würden neben Kompanien und Dienststellen des Bundesheers die Landesberufsschule für Optiker, die Landesgebäudeverwaltung, das Landessportheim, das Tiroler Hilfswerk,
die Tyrolia-Werke, der Sportklub Schwaz, das Volkshaus Schwaz, Gasthöfe und das Krankenhaus Schwaz aufscheinen.

Rund 100 Mädchen seien in den 1970er-Jahren im Erziehungsheim untergebracht gewesen. Bei ihrem Eintritt habe  die Heimführung ein sogenanntes Zöglingskonto angelegt.
Zwischen 13 und 28 Mädchen arbeiteten von 1970 bis 1976  in der Wäscherei.
Im Jahr 1970 wurden dort beispielsweise rund 66.409 Kilogramm Wäsche gewaschen.

Zudem hätten die Zöglinge auch Kleidungsstücke ausbessern müssen.

Das Kontrollamt habe bereits 1977 gerügt, dass lediglich von 56 der 113 Mädchen, die im Prüfzeitraum das Heim verließen, die Konten aufgelöst  und das Geld den Mädchen übergeben worden sei. Die Führung habe damals unter anderem fehlende Adressen als  Begründung angegeben.

Öffentlich gemacht wurden die Vorgänge im Heim St. Martin durch ehemalige Zöglinge. Sie hatten darüber
berichtet, für Swarovski, Darbo und Eglo in den 60er Jahren Arbeiten verrichtet zu haben,
ohne von der Heimleitung entsprechend entlohnt worden zu sein. Das Land Tirol hatte daraufhin
eine eigene Kommission unter dem Titel, "Arbeit in Tiroler Heimen" ins Leben gerufen.
(APA/red, 17.9.2012)