donderdag, februari 16, 2012

Deutsche Kinderhilfe fordert Gesetz gegen Missbrauch von behinderten Jugendlichen

Zum ersten Mal untersuchte ein Wissenschaftlerteam im Rahmen einer repräsentativen Studie, wie viele Bewohnerinnen von Behindertenheimen sexuell missbraucht wurden. Geistig behinderte Frauen wurden in speziell vereinfachter Sprache befragt. Sechs Prozent der Frauen mit geistiger Behinderung berichteten von sexueller Gewalt, die sie selbst in Heimen oder Einrichtungen erlebt hatten.

In absoluten Zahlen heißt das: mehrere tausend Frauen wurden in den Behindertenheimen und -Einrichtungen zu Missbrauchsopfern. Die Täter sind meist Bewohner aber eben auch Personal. Verantwortlich für den Schutz und die Sicherheit der Bewohnerinnen sind die Träger beziehungsweise die Betreuer. Oft wird den Betroffenen nicht geglaubt. Die Einrichtungen versuchen zudem alle Vorfälle unter der Decke zu halten. Eine Meldepflicht in Verdachtsfällen besteht nicht. Selten kommt es daher zu Anzeigen, fast nie zu Anklagen oder Verurteilungen.



PR-inside.com
14.02.2012

Das TV-Magazin "Report Mainz" hat eine Lücke im Bundeskinderschutzgesetz aufgedeckt. Daraufhin fordert die Deutsche Kinderhilfe gesetzliche Standards gegen den täglichen Missbrauch von Jungen und Mädchen mit Behinderung.

Das politische Magazin "Report Mainz" berichtet in seiner heutigen Sendung um 21.45 Uhr in der ARD über das letzte große Tabuthema der Kinder- und Jugendhilfe: Der sexuelle Missbrauch von Jungen und Mädchen in Behinderteneinrichtungen und deren unzureichender Schutz durch die derzeitige Gesetzeslage. Während es für allgemeine Jugendhilfeeinrichtungen klare gesetzliche Vorgaben zum Schutz vor Missbrauch, wie beispielsweise eine Meldepflicht von Verdachtsfällen an
das Jugendamt, die Ausbildung von speziell geschultem Personal oder die Einholung von erweiterten Führungszeugnissen gibt, sind Behinderteneinrichtungen dazu nicht verpflichtet.

Neben der Vorstellung einer neuen Studie der Universität Bielefeld, die speziell auf die hohe Zahl behinderter Mädchen und Frauen hinweist, kommen in der Sendung Betroffene zu Wort. Nach den Bielefelder Ergebnissen geben 31 % der Befragten an, sexuellen Missbrauch erfahren zu haben. Dies deckt sich mit internationalen Studien, die von einem 3fach erhöhten Risiko von behinderten Kindern ausgehen, sexuell missbraucht zu werden (Quelle: Sullivan et al., Maltreatment and Disabilities. A population based epidemiological study, in: Child abuse and neglect 10/2000, 1257-73, hier S. 1265). Traurige Tatsache ist es, dass in Deutschland behinderte Kinder einen erheblich geringeren Schutz vor sexueller Gewalt haben, als Kinder ohne Behinderung.

Der Politik ist diese eklatante Lücke beim Schutz behinderter Kinder durchaus bewusst. Sie setzte eine Forderung der Deutschen Kinderhilfe, die in den Arbeitsgruppen zum Kinderschutzgesetz beteiligt war, zunächst um: So enthielt der Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums zum Bundeskinderschutzgesetz eine neue Schutznorm für behinderte Kinder: Für die Träger von Behinderteneinrichtungen sollten über einen neuen § 20 a SGB IX die gleichen Rechts- und Schutzpflichten gelten, wie für allgemeine Jugendhilfeträger.

Auf Druck der Lobby der kommunalen Spitzenverbände und überörtlichen Sozialhilfeträger wurde diese Bestimmung aus dem Gesetz gestrichen - ein Proteststurm blieb aus. In der Expertenanhörung des Deutschen Bundestages wurde der unzureichende Schutz behinderter Kinder mit keiner Silbe erwähnt. Für Betroffene ein echter Skandal.

"Was nicht sein kann, das nicht sein darf - nach diesem Motto werden sexuelle Übergriffe in Heimen, Schulen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen weiter tabuisiert", so Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. "Daneben spielen wirtschaftliche Interessen eine Rolle, da die Einführung von bundeseinheitlichen Fachstandards, die Qualifikation des Personals und ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter zu höheren Kosten führt. Auch fürchtet die Branche bei ehrlichem Umgang einen Imageschaden und den Verlust von öffentlichen Geldern."

Damit behinderte Kinder nicht länger Opfer zweiter Klasse bleiben, fordert die Deutsche Kinderhilfe neben der allgemeinen Meldepflicht und bundesweit für alle Einrichtungen geltenden Fach- und Prüfstandards unabhängige Beschwerde- und Beratungsstellen, die die Opfer sexueller Gewalt notfalls auch gegen die Übermacht von Mitarbeitern, Betreibern und staatlich zuständigen Stellen unterstützen.

Nach den Fällen von Chantal und Zoe, in denen fehlende Fachstandards für Pflegeeltern sowie für die Arbeit und Kontrolle freier Träger die derzeitige Strukturkrise des Jugendhilfesystems in tragischer Weise offengelegt haben, verdeutlicht auch der unzureichende Schutz von behinderten Kindern, dass es der Einführung bundeseinheitlicher und verbindlicher Kriterien für den Schutz von Kindern vor Gewalt und Misshandlung bedarf.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich die Defizite beim Schutz behinderter Kinder zu beseitigen und gesetzlich zu regeln, dass für Behinderteneinrichtungen mindestens die gleichen Standards gelten, wie für allgemeine Jugendhilfeeinrichtungen. Daneben bedarf es einer grundlegenden Strukturreform eines Jugendhilfesystems, dessen Schwachstellen immer offener zu Tage treten.

Für Rückfragen stehen Ihnen der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann unter 0160 364 56 85 und der Vorstandssprecher Rolf Stöckel unter 0173 2993729 zur Verfügung.

Informationen über die Deutsche Kinderhilfe finden Sie neben der offiziellen Webseite auch auf den Themenportalen www.deutsche-kinderhilfe.eu und www.kinderschutz-in-deutschland.de sowie auf www.fruehkindliches-hoeren.de/

Aktuelles gibt es wie immer auf der Facebook Fanpage der Deutschen Kinderhilfe www.facebook.com/Deutsche.Kinderhilfe und auf Twitter twitter.com/De_Kinderhilfe sowie Google+ plus.google.com/107332310376680583203

Kontakt-Person:
Maximilian Reiter
Telefon: 03021016929
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